Die Vermittlerin
Victoria Koppehele liest Menschen und übersetzt IT. Was genau das bedeutet und warum die Kategorien weiblich und männlich in ihrem Job als Business-Analystin bei Energie 360° keine Rolle spielen, erzählt sie uns im Interview.
Publiziert 28.03.2024 Lesedauer 4 minVictoria, du bist IT-Business-Analystin, was genau machst du?
Ich bin an der Schnittstelle zwischen IT und Business. Ein Beispiel: Unsere Fachbereiche möchten gerne ihre Arbeit optimieren, das wären etwa Vorgänge wie weniger manuelle Tätigkeiten und eine bessere Auswertung von Daten. Da komme ich ins Spiel. Ich übersetze diesen Wunsch sozusagen in IT: Was für Daten braucht es? Wo genau liegt das Problem? Warum ist diese Anpassung mehr als sinnvoll? Was für eine Software brauchen wir, welche Schnittstellen werden benötigt, wohin fliessen die Daten?
Wie sieht dein Arbeitsalltag konkret aus und welchen Herausforderungen siehst du dich gegenüber?
Er ist geprägt durch viele Meetings, die meistens online stattfinden, sowie deren Vor- und Nachbereitung. Workshops habe ich mit all unseren Fachbereichen, das kann alles sein – von Finance bis hin zu Servicekräften, die rausgehen und am Netz arbeiten. Die Herausforderung ist, herauszufinden, wie viel ich wissen muss, um ein Problem wirklich zu verstehen, damit wir gemeinsam sinnvolle Lösungsansätze finden. Und ich muss die Menschen lesen können. Wie bekomme ich die richtige Information, was kann die Person selbstständig übernehmen, wann braucht es einen Workshop?
Hast du in deinem Bereich überwiegend mit Männern oder mit Frauen zu tun?
Mit Männern, aber gerade habe ich mein erstes Projekt mit einem Kernteam, das ausschliesslich aus Frauen besteht. Das finde ich schon recht cool.
Ist das Konkurrenzdenken noch mal ein anderes unter Frauen?
Das ist eine gute Frage. Fast alle meine bisherigen Projekte waren ja mit Männern, mal sehen, wie das mit den Frauen funktioniert (lacht).
Ist es schwierig als Frau in der IT?
In meinen 15 Berufsjahren habe ich immer an dieser Schnittstelle gearbeitet. Es gab mal ein oder zwei Situationen, die mich irritiert haben. Ich mache meinen Job bei und mit der IT sehr gerne.
Dann hat sich in diesen 15 Jahren nichts für dich verändert?
Wenn, dann dass es jetzt einfach mehr Frauen gibt. Aber ansonsten habe ich ehrlich gesagt nicht das Gefühl, dass sich gross etwas verändert hat. Ich glaube, Menschen in der IT, ob Männer oder Frauen, haben einfach bestimmte Eigenschaften – genau wie im Einkauf oder im Service.
«Was sind denn typisch männliche und typisch weibliche Eigenschaften? Mittlerweile ist das doch total überholt.»
Victoria Koppehele
IT-Business-Analystin, Energie 360°
Lass uns trotzdem mal in Klischees denken: Würdest du sagen, du hast als Frau mehr Einfühlungsvermögen und Geduld als deine männlichen Kollegen?
Den Eindruck habe ich nicht unbedingt (lacht). Männer sind vermutlich genauso sensibel oder einfühlsam wie Frauen, nur gehen sie anders damit um. Unter Männern heisst es schnell: Sei nicht so gefühlsduselig. Sensibilität ist in meinem Job aber enorm wichtig. Ich brauche so viel relevante Informationen wie möglich, um dann herauszufinden, wo ich nachhaken muss, wo ich Aufgaben mitnehmen und wo ich Aufgaben übergeben kann, damit die Teams selbst mitgestalten können.
Hast du das Gefühl, mehr leisten zu müssen als deine männlichen Kollegen?
Mehr leisten nicht. Ich bin eher klein und zierlich, manchmal muss ich daher einen, sagen wir mal stimmgewaltigeren Einsatz zeigen, wenn ich gehört werden will (lacht). Aber mehr leisten nicht, nein.
In Deutschland gibt es die Frauenquote. Was hältst du davon?
Bisher fand ich die Frauenquote nicht gut. Für mich war klar, die Person, mit der du dich am besten verstehst und die am besten qualifiziert ist, soll den Job bekommen. Dann hat eine Freundin, die sich länger und intensiver mit dem Thema beschäftigte, gemeint, dass man tendenziell dazu neige, die Person zu fördern, in der man sich wiederfinde. Man zieht also Gleiches nach. Da dachte ich dann: Stimmt schon, um das zu durchbrechen, braucht es vielleicht sowas wie eine Quote. Ich bin immer noch zwiegespalten, aber toleranter der Idee gegenüber.
Findest du es sinnvoll, von männlichen und weiblichen Jobs zu reden? Gibt es das überhaupt noch?
Die Frage finde ich wirklich cool, denn das beschäftigt mich auch im Privaten. Was sind denn typisch männliche und typisch weibliche Eigenschaften? Ich habe eine alte Vespa, an der ich immer rumschraube, heisst das jetzt, ich bin unweiblich? Mittlerweile ist das doch überholt. Klar, es wird immer Jobs geben, die mehr von Frauen oder mehr von Männern gemacht werden. Wir sind eben nicht gleich, haben physische Unterschiede und sind deshalb je nach Job besser oder schlechter dafür geeignet. Ich hoffe aber, dass sich auch das irgendwann auflösen wird.
Was können sich Menschen von dir abschauen?
Mal öfter lächeln (lacht).
Welche Frauen haben dich positiv beeinflusst?
Extrem positiv beeinflusst hat mich meine Mama, die von morgens um sieben bis abends um sieben gearbeitet und sich gleichzeitig um die Familie gekümmert hat. Sie wollte vieles immer allein können und hat sich daher auch gar nicht die Frage gestellt, ob das jetzt eine männliche, weibliche oder sonst was für eine Arbeit ist. Sie hat einfach mal gemacht. Das finde ich schon beeindruckend.
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