Intelligent und flexibel: die Zukunft der Energieversorgung
Im zukünftigen Energiesystem, das immer mehr Strom aus erneuerbaren Quellen nutzt, wird Flexibilität eine wichtige Rolle spielen. Was ist mit Flexibilität gemeint und wie kann sie genutzt werden?
Publiziert 12.03.2025 Lesedauer 5 minUnsere Schweizer Energieversorgung basiert seit Jahrzehnten auf verschiedenen, voneinander unabhängigen Energieträgern wie Gas, Öl und Strom. Eine klimafreundliche Energieversorgung aufzubauen bedeutet, dieses System von den fossilen Energiequellen zu befreien. Zu den erneuerbaren Alternativen gehören beispielsweise Sonnen-, Wind- und Wasserenergie. Dadurch wird Strom zum Rückgrat der Energieversorgung. Die zunehmende Nutzung von Wärmepumpen, Elektroautos und der Ausbau von Photovoltaik fordern das heutige Stromnetz weiter heraus und machen den laufenden Ausgleich von Stromangebot und -nachfrage anspruchsvoller. Um die Stabilität herzustellen, muss die täglich und saisonal schwankende Produktion und Nachfrage von Strom ins Gleichgewicht gebracht werden. Experten wie Nationalrat Jürg Grossen oder Dr. Christian Schaffner von der ETH Zürich sind überzeugt, dass ein grosser Teil dieses Ausgleichs durch intelligentes Energiemanagement erbracht werden kann. Es wird helfen, Produktion, Konsum und Zwischenspeicherung besser aufeinander abzustimmen.
Ein flexibles Stromsystem für neue Herausforderungen
Eine gewisse Differenz zwischen Stromproduktion und -verbrauch gab es schon immer. In den vergangenen Jahren ist diese markant gestiegen – und damit auch die Kosten im Stromsystem. Grund dafür sind die Zunahme der dezentralen PV-Produktion und die höheren Fluktuationen im Konsum, beispielsweise wenn die meisten E-Autos abends aufgeladen werden. Um das System wieder in ein Gleichgewicht zu bringen, braucht es neue Instrumente und Anreizsysteme – hier kommen Flexibilitäten ins Spiel. Die Flexibilität des Energiesystems bezeichnet die Anpassungsfähigkeit von Erzeugung, Verbrauch, Netzen und Speichern an ein schwankendes Energieangebot und eine schwankende Energienachfrage. Diese Anpassungsfähigkeit ist entscheidend für die Integration erneuerbarer Energien. Flexibilitäten tragen zur Stabilität des Energiesystems bei und helfen, Engpässe oder Überschüsse auszugleichen.
Flexibilität von Energie 360°
Schon heute installiert und betreibt Energie 360° in der ganzen Schweiz Photovoltaikanlagen und Ladestationen für E-Fahrzeuge. Mit den Wärmepumpen, die sie in grösseren Verbünden betreibt, erhöht Energie 360° die Anforderungen an das Energiesystem. Wärmepumpen, Ladestationen und auch Batteriespeicher sind sehr flexibel steuerbar und können somit koordiniert auch zur Lösung der Herausforderung beitragen. Wie das funktioniert, zeigt schon heute die Überbauung Arrivo Kloten. Das Areal mit drei Mehrfamilienhäusern und insgesamt 52 Wohnungen wird zu 100% CO2-neutral mit erneuerbarer Energie versorgt. Dafür sorgen eine Grundwasser-Wärmepumpe und eine PV-Anlage. Zwei Drittel des mit der arealeigenen PV-Anlage produzierten Stroms werden für den Eigenverbrauch – für die Stromversorgung, den Betrieb der Wärmepumpen und das Laden der E-Fahrzeuge – genutzt. Dieser Anteil wird mit dem installierten Stromspeicher weiter steigen. Möglich wird das durch eine intelligente Vernetzung der verschiedenen Stromproduzent*innen und -verbraucher*innen auf dem Areal mit dem Energiemanagementsystem von Smart Energy Link. So lässt sich auch der Netzanschluss kostengünstiger dimensionieren. Für den selbst produzierten Strom bezahlen die Bewohner*innen weniger als für den Strom aus dem städtischen Netz. Das Energiemanagementsystem misst und verrechnet die bezogene Energie den jeweiligen Verbraucher*innen. Das System ist so durchdacht, dass das Areal mit dem Label «SmartGridready» ausgezeichnet wurde und damit auch für dynamische Netztarife bereit ist.
Mit ihrem neuen Hauptsitz in Zürich geht Energie 360° sogar noch einen Schritt weiter. Das eigene Gebäude dient als Pilotprojekt, um Erkenntnisse zu gewinnen, die zukünftig in Kund*innenprojekten angewendet werden können – sei dies für das intelligente Lademanagement oder für die optimierte PV-Produktion während der Wintermonate. Marius Schwering, Projektleiter Business Development Flexibilität bei Energie 360°: «Wir elektrifizieren unsere Flotte und planen, die Autos mehrheitlich bei uns am Hauptsitz zu laden. Das hat zur Folge, dass wir mit einem hohen Leistungsbedarf und Lastspitzen zu gewissen Tageszeiten rechnen. Lastspitzen verursachen immer auch erhöhte Kosten. Darum planen wir einen Batteriespeicher und die intelligente Verteilung von Lasten, um das Stromnetz zu entlasten. Mit diesem integrierten Ansatz des Energiesystems und dessen intelligenter, vorausschauender Steuerung gewinnen wir wertvolle Erkenntnisse, die wir in unseren Kund*innenprojekten anwenden können.»
Mit dem eigenen Hauptsitz erstellt und betreibt Energie 360° ein integriertes Energiesystem, das intelligent gesteuert werden kann. So lassen sich praktische Erkenntnisse für die Kund*innen gewinnen.
Ein flexibles Stromsystem bringt Vorteile für alle
Die Flexibilisierung des Energiesystems bietet viele Vorteile. Einer davon ist die optimierte Nutzung von selbst erzeugtem PV-Strom: Wer den eigenen Verbrauch an die Produktionszeiten der PV-Anlage anpasst, reduziert den Bezug aus dem Stromnetz. Das funktioniert ideal für ein einzelnes Gebäude oder noch besser für einen Verbund von Gebäuden. Von dieser Eigenverbrauchsoptimierung profitieren auch die Netzbetreiber: Sie reduziert Lastspitzen, verursacht durch die Elektromobilität, und senkt gleichzeitig die PV-Einspeisung zu kritischen Zeiten. Flexibilitäten können unter Umständen sogar den Bedarf eines Netzausbaus reduzieren und somit Kosten einsparen. Noch attraktiver werden Flexibilitäten für Netzbetreiber, wenn sie dynamische Netz- und Leistungstarife anbieten.
Flexibilität im Fokus
Das kürzlich verabschiedete Energiegesetz eröffnet neue Möglichkeiten für die Nutzung von Flexibilität und die Optimierung des Energieverbrauchs:
- Die Netzbetreiber werden verpflichtet, Flexibilitätspotenziale zu nutzen, sofern deren «Inhaber», d. h. Betreiber von Produktionsanlagen oder Speichern sowie Endverbraucher*innen, dies nicht ausdrücklich untersagen. Diese Flexibilität muss vom Netzbetreiber vergütet werden, wenn sie mehr als 3% der jährlich erzeugten Energie ausmacht.
- Neben dem physischen Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) wird es künftig mit virtuellen Zusammenschlüssen zum Eigenverbrauch (vZEV) möglich sein, dass mehrere Verbraucher*innen ihren Solarstrom gemeinsam über das öffentliche Verteilnetz nutzen, ohne dafür Netzentgelt zu entrichten.
- Haushalte und Betriebe auf einem Gemeindegebiet können sich zu einer lokalen Elektrizitätsgemeinschaft (LEG) zusammenschliessen, um selbst erzeugte erneuerbare Energie zu teilen. Für die Nutzung des öffentlichen Netzes muss ein reduziertes Entgelt bezahlt werden.
- Für stationäre Batteriespeicher und das bidirektionale Laden von Elektrofahrzeugen wird die Rückerstattung des Netznutzungsentgelts geregelt. Damit werden Anreize für die Netzentlastung gegeben.
Alle diese Massnahmen erfordern ein intelligentes Energiemanagement. Sie ermöglichen den Zugang und die Nutzung der Flexibilität zum Zweck eines optimierten Eigenverbrauchs und der Netzentlastung.
Flexibilitäten haben also das Potenzial, das gesamte Energiesystem – sowohl die Beschaffung von Energie als auch den Betrieb der Netze – günstiger zu machen. Energie 360° sorgt für eine intelligente und vernetzte Energieversorgung in der ganzen Schweiz. Die Energiedienstleisterin liefert immer mehr erneuerbare Energie durch intelligente und flexible Lösungen aus einer Hand. Corinne Häberling, Innovationsmanagerin Flexibilität bei Energie 360°, ergänzt: «Wir sind überzeugt: Die erneuerbare Energiezukunft soll ohne Komforteinbussen sein – intelligent und vollautomatisiert. Als Partnerin im Gesamtsystem bieten wir auch Hand für die Verteilnetz- und Übertragungsnetzbetreiber. Mit unseren dezentralen Flexibilitäten tragen wir einen Teil zur Lösung ihrer Herausforderung bei.»
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