Weniger Erdgasemissionen dank Innovation
Bei Arbeiten an Gasleitungen wird das im betroffenen Abschnitt vorhandene Erdgas üblicherweise in die Atmosphäre abgegeben. Nicht so bei Energie 360°, da gemeinsam mit dem Ingenieurbüro Edeling ein umweltschonenderes Verfahren entwickelt wurde.
Publiziert 23.03.2023 Lesedauer 3 minWas ist rund 1700 Kilometer lang und unsichtbar? Das Gasnetz von Energie 360°. «Etwa die Hälfte sind Transportleitungen, der Rest sind Mittel- und Niederdruckleitungen für die Feinverteilung in Zürich und rund 40 Aussengemeinden», sagt Kay Kemmer, Teamleiter Netzbau bei Energie 360°. Das Netz ist unterirdisch verlegt oder oberirdisch versteckt, zum Beispiel in Brücken, wenn es darum geht, Hindernisse wie die Limmat zu überwinden. Fallen Leitungsarbeiten an, braucht es eine sorgfältige Vorgehensweise. Der entsprechende Abschnitt wird beidseitig vollständig geschlossen – was in der Fachsprache abgeschiebert genannt wird – und danach für die Arbeiten freigegeben.
Im Inneren befindet sich ein Gemisch aus Erd- und Biogas, das grösstenteils aus Methan besteht und dabei üblicherweise entweder abgefackelt oder in die Atmosphäre ausgeblasen wird. Das entspricht der gängigen Praxis. Für Kemmer sind beide Varianten unbefriedigend. «Deshalb haben wir Lösungen gesucht, um das Gas aufzufangen und wiederzuverwenden. Mit dem Ziel, dass das Erdgas eben nicht unnötig in die Atmosphäre gelangt.»
Das Erdgas bleibt erhalten, indem es durch eine Schlauchverbindung zur Zwischenspeicherung in ein Flaschenbündel gepresst wird.
Umweltfreundlichkeit an erster Stelle
Bei den Arbeiten, die Energie 360° im Frühling 2022 am Zürcher Sihlquai durchführte, ging es um die Ausserbetriebnahme einer Leitung in der Nähe des Limmatplatzes. «Wir mussten neue Mitteldruckleitungen verlegen. Diese verbinden Oerlikon mit dem Stadtzentrum», sagt Kay Kemmer.
Die Leitungen verlaufen durch die Kornhausbrücke über die Limmat. «Wir nahmen die alte Rohrleitung beim Lettensteg vom Netz und schlossen die neue an.» Bei endgültigen Ausserbetriebnahmen von Gasleitungen lautet die Vorschrift, das vorhandene Gas komplett auszubringen und die Leitungen zu spülen. In diesem Fall ging es um einen rund 500 Meter langen Abschnitt, der knapp 7,5 Kubikmeter Erdgas enthält. Zum Vergleich: Ein Haushalt mit Erdgasheizung verbraucht jährlich rund vierzigmal mehr Gas. «Wir von Energie 360° wollen unseren ökologischen Fussabdruck laufend verringern. Deshalb geben wir auch kleine Gasmengen nicht einfach in die Atmosphäre ab.» Und genau das gelingt mit einer Innovation, die Kemmer und sein Team vor einigen Jahren lanciert haben.
Wir teilen unsere Erfahrungen und unser Wissen gerne mit anderen Gasversorgern.
Kay Kemmer
Teamleiter Netzbau
So bleibt das Erdgas erhalten
Es gibt zwei Möglichkeiten, die wesentlich umweltfreundlicher sind als das bereits erwähnte Ausblasen oder Abfackeln von Erdgas. «Wenn sich die Leitungen über zwei vorhandene Stutzen verbinden lassen, pumpen wir das Gas aus dem abgesperrten Teilabschnitt in den nächsten», sagt Florian Edeling vom deutschen Ingenieurbüro Edeling. Am Sihlquai aber kam die zweite Variante zum Zug. «Hier pressten wir das Gas aus der ausgedienten Leitung in eine Flaschenbatterie.» Dazu braucht es einen Verdichter, einen Druckminderer und ein Flaschenbündel. «Über eine Anbohrschleuse verschafften wir uns Zugang zum Rohrinhalt.
Die Schlauchverbindung führt über einen Druckminderer zum Verdichter», erklärt Edeling. «Von dort aus gelangt das Gas zur Zwischenspeicherung in die Flaschen, bis es wiederverwendet wird.» Der Ingenieur hat das Verfahren gemeinsam mit Kay Kemmer entwickelt und getestet. «Vor zwei Jahren hatten wir den ersten Einsatz. Inzwischen haben wir das System verfeinert – es funktioniert grundsätzlich gut.» In diesem Fall konnten durch das Verfahren – im Vergleich zum Abfackeln – rund 200 Kilogramm CO2 eingespart werden. Bei künftig 10 bis 15 Anwendungen pro Jahr kommt eine beträchtliche Menge zusammen.
Das System könnte Schule machen
Auch Kay Kemmer von Energie 360° ist überzeugt von der Innovation, mit der das Unternehmen eine Vorreiterrolle übernimmt. «Das Thema beschäftigt viele andere Gasversorger ebenfalls», sagt er. «Wir teilen unsere Erfahrungen und unser Wissen gerne. Wer weiss, vielleicht lassen sich im Austausch mit anderen Werken noch bessere Lösungen finden.» Gefährlich ist der Einsatz zur Emissionsminderung zwar nicht – «der Umgang mit Gas ist letztlich unser Tagesgeschäft» –, aber etwas effizienter dürfte das System schon noch werden. Der Faktor Zeit spielt eine wichtige Rolle. «Je länger ein Leitungsabschnitt ausser Betrieb ist, desto grösser ist die Gefahr eines möglichen Versorgungsunterbruchs in den angeschlossenen Gebieten. Das darf nicht sein.» Genauso, wie es nicht sein darf, dass Methan unnötigerweise einfach der Atmosphäre abgegeben wird. Aber Energie 360° hat darauf eine überzeugende Antwort gefunden. Eine, die den ausgeprägten Nachhaltigkeitsgedanken des Unternehmens deutlich unterstreicht.
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