Biogas aus Industrieabwasser
2017 feierte Energie 360° eine Premiere: In Niedergösgen/SO realisierte das Unternehmen seine erste Anlage, die aus Industrieabwasser Biogas erzeugt. Nach anfänglichen technischen Hürden hat sich die Anlage zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt.
Publiziert 22.11.2023 Lesedauer 3 minVon der einfachen Transportverpackung bis zur edlen Parfumbox: Die Model Group entwickelt, produziert und liefert hochwertige Verpackungslösungen aus Voll- und Wellkarton. Das Schweizer Unternehmen mit Hauptsitz in Weinfelden/TG beschäftigt in 15 Ländern rund 4600 Mitarbeitende – unter anderem in seiner Papierfabrik im solothurnischen Niedergösgen.
Dort will die Model Group ihre Produktionskapazität Schritt für Schritt steigern bis 300 000 Tonnen Papier pro Jahr. Das erforderte unter anderem, 2017 die betriebseigene Kläranlage durch einen Neubau zu ersetzen. Die neue geschlossene, geruchsfreie und umweltschonende Kläranlage bietet eine deutlich höhere Kapazität als die vorherige aus dem Jahr 1991.
Potenzial für Biogas genutzt
Energie 360° ermöglichte das eine Premiere: Erstmals konnte das Unternehmen Biogas aus Industrieabwasser einspeisen. Zwar betrieb es schon zuvor mehrere Aufbereitungsanlagen für Biogas aus kommunalen Abwasserreinigungsanlagen und Vergärungsanlagen für organische Abfälle. Eine industrielle Kläranlage als Lieferantin von Rohbiogas war hingegen ein Novum. Wenn auch ein logischer Schritt, wie Projektleiter Alex Rudischhauser sagt: «Wir wollen alle Potenziale für Biogas ausschöpfen. Deshalb packten wir die Chance, als wir von der Erneuerung der Kläranlage erfuhren, und suchten mit der Leitung der Model AG das Gespräch.»
Die Leitung des Verpackungsunternehmens begrüsste die Idee einer Biogaseinspeisung. Zuvor hatte die Papierfabrik in Niedergösgen ihr Klärgas eingesetzt, um damit einen kleinen Teil der benötigten Wärme herzustellen. Den grösseren Teil deckte der Betrieb aber ohnehin durch Fernwärme ab. Seit 2017 liefert diese die gesamte erforderliche Wärme. Energie 360° kann das Klärgas zu Biogas aufbereiten und in das Gasnetz einspeisen. So entsteht aus Industrieabwasser erneuerbare Energie zum Heizen und Autofahren.
Herausforderung Schwefel
Jede Biogas-Aufbereitungsanlage wird individuell auf ihren Einsatz angepasst und optimiert. Nur dann funktioniert sie zuverlässig und lässt sich mit geringem Aufwand betreiben. Das ist auch bei der Anlage in Niedergösgen so. Die Herausforderung hier: Das Abwasser aus der Papierproduktion und damit auch das Klärgas enthält viel mehr Schwefel als üblich – ein Stoff, der fast vollständig aus dem Biogas entfernt werden muss.
Deshalb integrierte Energie 360° in die Biogasaufbereitung eine spezielle Verfahrensstufe, um den Schwefel aus dem Biogas zu beseitigen. Allerdings stellte sich im Betrieb heraus, dass diese Stufe die Erwartungen an Leistung und Zuverlässigkeit nicht erfüllte. Alex Rudischhauser und seine Kolleg*innen mussten rasch handeln: «Mit einer temporären Lösung stellten wir den Betrieb der Biogasanlage sicher. Gleichzeitig nahmen wir Messungen, Untersuchungen und Tests vor, um eine optimale Ersatzlösung für diese Verfahrensstufe zu finden. Seit 2020 ist die neue Technologie in Betrieb und bewährt sich bestens.» Wie alle Biogas-Aufbereitungsanlagen von Energie 360° lässt sich auch jene bei der Model AG vollständig fernüberwachen.
Erneuerbare Energie für 1700 Wohnungen
Die Biogasproduktion in Niedergösgen erfüllt höchste ökologische Anforderungen. Das ist inzwischen offiziell bestätigt: Im Jahr 2020 überprüfte der VUE Verein für umweltgerechte Energie die Biogasanlage und zeichnete sie mit dem Qualitätszeichen «naturemade star» aus. Es bestätigt, dass das Biogas von der Produktion bis zur Einspeisung ins Verteilnetz eine besonders gute Ökobilanz aufweist.
Zu einer echten Erfolgsgeschichte hat sich die Biogasanlage auch bezüglich der Produktionsmenge entwickelt. Dank der wachsenden Papierproduktion der Model AG konnte Energie 360° die jährliche Menge Biogas laut Alex Rudischhauser kontinuierlich steigern: «Ursprünglich lag sie bei 13 GWh, im Geschäftsjahr 2021 schon bei 16,6 GWh. Das entspricht dem durchschnittlichen Gasverbrauch von rund 1700 Wohnungen, der sich nun mit einem erneuerbaren Energieträger decken lässt. Für die kommenden Jahre erwarten wir eine weitere Erhöhung der Produktionsmenge Biogas.»
So trägt die Biogasanlage in Niedergösgen dazu bei, dass das Gas von Energie 360° immer mehr erneuerbar wird. Und sie unterstützt das Ziel der Schweizer Gaswirtschaft, den Anteil der erneuerbaren Gase im Wärmemarkt bis 2030 auf 30 Prozent zu steigern.
Kurs auf 100% erneuerbares Gas
Energie 360° hat sich das Ziel gesetzt, Kund*innen bis im Jahr 2040 ausschliesslich mit erneuerbarem Gas zu versorgen. Egal, ob Sie Erdgas und Biogas zum Heizen, Kochen, Fahren oder für Ihre industriellen Prozesse verwenden: Bei uns können Sie zwischen verschiedenen Biogas-Anteilen wählen und so Ihren ökologischen Fussabdruck verbessern.
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