Wie ein Netzmeister die Energiezukunft aktiv mitgestaltet
Ursprünglich kam Felix Ehnert als Rohrleitungsmonteur in die Schweiz. Heute gestaltet er die Energiezukunft aktiv mit – als Netzmeister beim Bau von Fernwärmenetzen.
Publiziert 21.03.2022 Lesedauer 5 minAls Netzmeister bin ich mitverantwortlich für den Bau von Fernwärmenetzen und den Unterhalt von Gasleitungen. Wobei: Gas nimmt eine immer weniger wichtige Rolle ein. Im Gasleitungsbau geht es mittlerweile nicht mehr darum, das Netz auszuweiten, sondern vor allem darum, den sicheren Betrieb zu gewährleisten. Versorgungssicherheit kommt an erster Stelle.
Mein Fokus liegt auf den Fernwärmenetzen. Wir wollen die Energiewende schaffen und bis 2040 nur noch erneuerbare Energie liefern. Das war schon 2015 ein Thema, als ich als gelernter Rohrleitungsmonteur von Deutschland zu Energie 360° in die Schweiz kam. Meine Ambition, innert fünf Jahren die Ausbildung zum Netzmeister zu absolvieren, wurde sehr begrüsst, sofern ich mich Richtung Fernwärme spezialisieren würde. Das habe ich getan.
Den Paradigmenwechsel – weg von den fossilen Energien, hin zu erneuerbaren – bemerke ich auch in meiner Rolle als Ausbildner und Prüfungsexperte beim Schweizerischen Verein des Gas- und Wasserfaches. Die Anmeldungen für Kurse zum Gasnetz nehmen kontinuierlich ab, während diejenigen zur Fernwärme immer stärker nachgefragt werden.
Gute Planung für erfolgreiches Projekt
Ein typischer Arbeitstag beginnt morgens um halb sieben, wenn ich im Büro meine Wochenliste und die Mails vom Vorabend checke. Kurz darauf bespreche ich mit meinem Team die anstehenden Arbeiten. Dabei greift dann ein Rädchen ins andere. Ich bin dafür verantwortlich, dass die benötigten Arbeitsgeräte und Materialien zur richtigen Zeit in der richtigen Menge am richtigen Ort sind. Dass die benötigten Materialien berechnet, bestellt und geliefert sind. Sonst steht alles still. Das bedarf viel Planung, Sorgfalt und Umsicht. Die Mitarbeiter*innen wiederum packen dann ihr Material und fahren zu den Baustellen. Für mich folgen Projektstatussitzungen mit Kolleg*innen aus anderen Abteilungen und Bereichen. Es ist wichtig, dass immer alle über den Fortschritt und den aktuellen Stand der komplexen und teils langandauernden Arbeiten im Bild sind. Erst danach gehe auch ich auf die Baustelle. Dort konkretisiere ich die Planung für den Tag, beantworte Fragen und stelle sicher, dass mein Team die Arbeiten wie geplant ausführen kann.
Besprechen mit Bauunternehmen und der Polizei
Vor Ort koordiniere ich mich auch mit externen Partner*innen wie Tiefbauunternehmen, der Polizei oder Gemeindevertreter*innen. Oft verlegen wir Leitungen im öffentlichen Verkehrsraum, weshalb ich mich gut mit allen Beteiligten absprechen muss. Die Kommunikation ist also zentral in meinem Job.
Der interne und externe Koordinationsaufwand ist für mich in meiner Funktion hoch. Doch er ist notwendig. Geht es doch dabei an erster Stelle um die Sicherheit unserer Leute vor Ort. Es ist wichtig, dass sie genügend Zeit und Platz haben, um die Arbeiten sicher auszuführen. Denn sie arbeiten an Leitungen, die mit Gas oder mit bis zu 90 Grad heissem Wasser gefüllt sind.
Ich schaue, dass ich im Sommer so viel wie möglich draussen auf der Baustelle bin. Deshalb verlege ich die administrativen Arbeiten, die mein Job ebenfalls mit sich bringt, wenn immer möglich in die Wintermonate. Administration bedeutet in meinem Fall zum Beispiel, dass ich die Schweissprotokolle nachtrage: Wer hat wann und wo welche Schweissnaht erstellt? Sind alle notwendigen Dokumente vorhanden und Schweisszertifikate dokumentiert? Die Sicherheit ist auch hier enorm wichtig.
Zurzeit führen wir spannende Energieverbund-Projekte in der ganzen Schweiz aus. Etwa in der Gemeinde Wohlen bei Bern, in La Punt im Engadin oder in Thalwil am Zürichsee. Bei allen geht es darum, die Nutzung von fossilen Energien durch erneuerbare zu ersetzen. Das schaffen wir, indem wir das Energiepotenzial von See- oder Grundwasser nutzen, um Wärme und Kälte zu erzeugen. In Thalwil können wir seit Herbst 2022 über 100 Liegenschaften dauerhaft mit erneuerbarer Energie in Zukunft versorgen.
Das ist für mich als Netzmeister auch aus technischer Sicht sehr spannend. Denn der Bau von Energieverbünden und Fernwärmenetzen ist in seiner Art komplexer als der Bau von anderen sogenannten Medienleitungen. Das heisst für mich persönlich, dass sich mein Aufgabengebiet permanent erweitert, ich mir Wissen aneignen und am Ball bleiben muss. Abwechslung im Job ist also garantiert.
Es muss ein Umdenken stattfinden. Das spürt man immer mehr bei uns in der Firma – und ich hoffe, dass wir das so auch nach aussen tragen.
Felix Ehnert
Netzmeister Fernwärme und Gas bei Energie 360°
Energiewende gemeinsam umsetzen
Neben den technischen Aspekten meiner Arbeit fasziniert mich auch das Zusammenspiel zwischen unseren Abteilungen. Je weiter die Arbeiten voranschreiten, desto intensiver wird es – und desto besser lernt man die Kolleg*innen kennen, die zwar innerhalb der Firma einen ganz anderen Job machen als ich, aber am selben arbeiten. Dann merkt man, dass wir alle in eine Richtung gehen und dass wir die Energiewende gemeinsam umsetzen.
Jeder neue Fernwärmeanschluss verringert den CO2-Ausstoss. Der Klimawandel wird immer stärker wahrnehmbar und wir müssen versuchen, der nächsten Generation ein Leben zu ermöglichen, wie wir es jetzt haben. Es muss ein Umdenken stattfinden. Das spürt man immer mehr bei uns in der Firma – und ich hoffe, dass wir das so auch nach aussen tragen.
Kurzportrait
Name: Felix Ehnert
Das steht auf meiner Visitenkarte: Netzmeister Fernwärme und Gas
Das begeistert mich an der Fernwärme: Die Komplexität, die es zu beachten gilt, um ein Netz sicher zu betreiben. Dass man einen zentralen Punkt hat, an dem die Wärme erzeugt wird, und nicht mehr hunderte Schornsteine sieht.
Dann ist mein Job zu Ende: Nie. Denn wenn die Leitung mit Wasser gefüllt und in Betrieb ist und das Leckwarnsystem keine Schäden meldet, wartet schon das nächste Projekt mit neuen Herausforderungen.
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