Die Schweiz im Fokus
Der anspruchsvolle Weg der Dekarbonisierung lohnt sich. Die klare ökologische Ausrichtung gibt Energie 360° ein eigenständiges Profil und den Mitarbeitenden Zielbewusstheit. Schweizweit setzen immer mehr Gemeinden, Immobilien- und Industriefirmen auf die Produkte und die Lösungen des Unternehmens.
Jörg Wild, wo steht Energie 360° zurzeit bei der Transformation des Unternehmens?
Unsere klare ökologische Ausrichtung ist intern breit akzeptiert und wirkt gar beflügelnd. Wir gewinnen mit der Idee, das Energiesystem zu transformieren, gut qualifizierte neue Kolleg*innen dazu. Und wer bereits bei uns arbeitet, kann sich beruflich weiterentwickeln: Einige Mitarbeitende, die früher Gasnetze geplant oder Gasanschlüsse verkauft haben, setzen sich nun für Energieverbünde ein oder entwickeln gesamtheitliche Areallösungen.
Gelingt es Energie 360° auch, die Kund*innen zu begeistern?
Davon bin ich überzeugt. Einerseits im Gasgeschäft: Unser Gas-Standardprodukt zum Beispiel enthält mittlerweile 30% Biogas (ab dem 1. April 2024: 35%) – rund vier von fünf Kund*innen nutzen dieses oder haben freiwillig einen höheren Biogas-Anteil gewählt. Das zeigt, dass sie mit uns den Weg der Dekarbonisierung gehen wollen. Andererseits aber auch in den neuen Geschäften: Schweizweit vertrauen immer mehr Gemeinden, Immobilienbesitzer*innen und Industriefirmen auf unsere Kompetenz, wenn es um die Transformation des Energie- und Mobilitätssystems in die erneuerbare Zukunft geht.
Wie wichtig ist Gas für Energie 360°?
Gas wird immer wichtig sein, etwa als Prozessenergie in der Industrie. Darum erschliessen wir auch laufend neue Biogasquellen im In- und Ausland und treiben Projekte voran, um aus erneuerbaren Quellen synthetisches Gas herzustellen. Zudem werden wir in Zukunft gewisse Energieträger anders nutzen, als wir es heute tun. Im Moment heizen wir mit Gas noch Wohnungen und erwärmen Wasser. Wenn es uns gelingt, diese Wärme anderweitig, beispielsweise über einen Verbund, bereitzustellen, benötigen wir weniger Gas. Dort, wo die Realisierung eines Energieverbunds nicht möglich ist – etwa aus Platzgründen im Zürcher Niederdorf –, bereiten wir die Netzinfrastruktur bereits heute vor, um eines Tages flexibel erneuerbares Methan, Wasserstoff oder ein Gemisch hindurchleiten zu können.
Energieverbünde sind für Energie 360° ein wichtiger Bestandteil der Transformation. Ist das Unternehmen auf Kurs?
Unsere Lösungen sind gesamtschweizerisch gefragt, wir gewinnen neue Projekte und setzen diese um. Was mich sehr freut: Wir realisieren auch komplexe Areallösungen, bei denen wir alle unsere systemischen Kompetenzen einbringen dürfen. So gelingt es uns, mit lokal verfügbaren erneuerbaren Energieträgern die Abhängigkeit von fossiler Energie zu verringern oder ganz zu vermeiden.
Wo sehen Sie Herausforderungen?
Wir werden mit Verzögerungen aller Art konfrontiert, technologischen Veränderungen und volatilen Rohstoffpreisen, um nur einige Faktoren zu nennen. Wir müssen agil denken und hartnäckig bleiben – etwa, indem wir unsere Prozesse laufend auf den Prüfstand stellen und optimieren.
Im Bereich Mobilität hat das Ladenetzwerk swisscharge.ch, an dem Energie 360° eine 90%-Beteiligung hält, im Berichtsjahr die Marke von 100 000 Kund*innen überschritten. Was sind die Pläne von Energie 360° in diesem Bereich?
Es gibt drei Stossrichtungen. swisscharge.ch bietet eine offene Plattform für Ladestationsabrechnungen an. Damit vereinfachen wir erstens die Elektromobilität im Alltag: Kund*innen können mit einer Karte ihr Auto in der ganzen Schweiz laden. Zweitens baut GOFAST Schnellladestationen, etwa bei den Filialen von McDonald’s oder auch Aldi Suisse. So bringen wir gemeinsam mit unserer Beteiligung das Schnellladen in den Alltag der Menschen. Drittens integrieren wir Elektromobilität wo immer möglich in unsere Areallösungen. Wir verstehen uns als Partnerin von grossen Liegenschaftsbesitzer*innen, die ihre Immobilien mit Ladelösungen versehen wollen. Wer ein Elektroauto hat, soll es auch zu Hause laden können.
Der Titel des Geschäftsberichts lautet «Schweizweit engagiert». Weshalb widmet Energie 360° nun auch der Solarenergie grössere Aufmerksamkeit als bisher?
Bis anhin waren unsere Photovoltaikanlagen ein Teil komplexer und grosser Energielösungen. Doch gerade Sonnenenergie fällt in der ganzen Schweiz ortsunabhängig an. Wir haben darum beschlossen, unsere PV-Kompetenzen in Form von eigenständigen Produkten anzubieten – eine logische Konsequenz unserer Ambition, bis 2040 ausschliesslich erneuerbare Energie zu liefern. Einen Erfolg konnten wir bereits im Geschäftsjahr 2023 feiern: Das Bundesamt für Strassen ASTRA möchte in den nächsten Jahren 350 Lärmschutzwände und 100 Raststätten mit PV-Anlagen ausstatten. Es hat Energie 360° bei einem Bewerbungsverfahren zwei Auftragslose mit insgesamt 117 Standorten zugesprochen.
Der Zürcher Stadtrat hat im Berichtsjahr in seinem Umsetzungsplan definiert, dass künftig die grossen städtischen Wärmenetze unter dem Dach von EWZ vereint werden. Ein logischer Entscheid?
Ja. Die Stadt Zürich hat geklärt, dass das Elektrizitätswerk EWZ als städtischer Energiekonzern den Service public übernimmt – und dass sich Energie 360° künftig stärker auf Aktivitäten in der gesamten Schweiz fokussieren kann. Wir sind aber weiterhin in der Stadt tätig – das Gasnetz verbleibt bei Energie 360° und wir realisieren weiterhin integrale Energielösungen, Gemeinschaftsanschlüsse oder auch den Energieverbund Lengg. Und alle Mitarbeitenden bleiben bei uns.
Was bedeutet dieser Entscheid für Energie 360°?
Wir geben drei Wärmenetze ab und verlieren damit liebgewonnene Projekte sowie Ertragspotenzial. Dass uns dies auch emotional trifft, ist verständlich. Der Schritt eröffnet uns indes neue Handlungsoptionen im Hinblick auf mögliche Kooperationen und Expansionsschritte.
«Unsere Lösungen sind gesamtschweizerisch gefragt, wir gewinnen neue Projekte und setzen diese um.»
Jörg Wild
CEO Energie 360°
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